Fotografieren und Malen

 

Familienbetriebe in Sanktanna

 

Barbara Novak

 

Albert Einstein sagte mal; "Wir nutzen nur 10% unseres Potentials".

Manchmal muss man in eine Notlage kommen um zu erkennen, dass wir mehr Fähigkeiten haben als wir bereit sind zu nutzen.

So erging es auch dem Franz Emeneth*1894. Als einziges Kind seiner Eltern wurde er belehrt, dass er sich nicht unnötig in Gefahr begeben soll. Nach seinem Militärdienst wurde er in den ersten Weltkrieg eingezogen. Da er niemand töten wollte, versuchte er mit seinem handwerklichen Können und Geschick die Waffe zu vermeiden. Er meldete sich für jeden Beruf wo man Handwerker benötigte. Seinen Eltern schickte er auch Fotos, das war zu jener Zeit etwas Besonderes. Später geriet er in Gefangenschaft, wo er auf einer Obstplantage arbeitete.

In Sanktanna wo er seine Kindheit und Jugend verbrachte, hatte er Gelegenheit bei allen Berufen zuzuschauen oder selber Hand anzulegen. Das kam ihm in dieser Zeit zugute, und er lernte noch viel dazu.

Nachdem er von der Gefangenschaft frei war und nach Sanktanna zurückkehrte, legte er einen Obstgarten an und übte neben der Feldarbeit hauptsächlich die Berufe Maurer und Uhrmacher aus. Er spielte auch Ziehharmonika.

Ab 1933 war er hauptberuflich als Maler beschäftigt. So vermittelte er auch später seinen Kinder; Valentin*1922, Rosalia*1925, Franz*1927 und Rosina*1934 alles was er wusste. Kinder sind von Natur aus neugierig und wenn man ihnen den Eindruck vermittelt, dass sie wertvoll sind, dann helfen Kinder aus Liebe zu den Eltern bei allem was die Eltern tun gerne mit.

Als dann die ersten Fotoapparate auf den Markt kamen, da kaufte Vater Franz seinen Kindern einen Fotoapparat „Voigtländer“ und „Agfa“ Filme mit acht Aufnahmen.

Die Filme brachte man nach Arad zu einer Frau Berger zum Entwickeln.

Eines Tages nahm Vater Franz seinen Sohn Valentin mit nach Arad und er durfte beim Entwickeln der Bilder zuschauen. Dass Valentin die Begabung hatte, alles was er sah nachzumachen, hatte die Frau Berger damals nicht geahnt.

Vater Franz besorgte mit Valentin alles was man zum Ausarbeiten von Fotos benötigte; Filme, Fotopapier, Fixierwasser, Zackenschneidgerät, Hintergrund, Vergrößerungsapparat u. a. Die Bilder waren in Kleinformat.

Ab 1941 übten Valentin und sein Bruder Franz die Berufe als Maler und Fotografen aus. Der Familienbetrieb war im Schmelz - Viertel Nr. 86.

Nun wurde ein zweiter Fotoapparat gekauft „Zeiss Ikon“. Die Fotoapparate wurden zum Fotografieren auf Dreifüße gestellt.

 

Franz und Valentin mit ihren Fotoaparate
Franz und Valentin mit ihren Fotoaparate

Werktags war man mit dem Malen beschäftigt, sonntags wurden Fotos gemacht, die abends in der Dunkelkammer ausgearbeitet wurden.

Bis ein Bild ausgearbeitet war, waren viele Handgriffe nötig; Vom Film wurde erst ein „Negativ“ entwickelt. Eine Uhr zum zählen war da, mit der die benötigt Zeit bestimmt wurde bis das Bild durchs Tageslicht vom Negativ aufs Papier kam. Anschließend wurde das Bild ins Vorrufwasser gelegt, dann kam es ins Fixierwasser, in einem anderen Wasser wurde es abgeschwenkt und mit einer Zange herausgenommen. Wenn es trocken war wurden die Kanten mit einem Zackenschneider geschnitten. Nach Wunsch wurden die Bilder von Hand farbig bemalt.

Zu dieser Zeit war Rosalia in einer Nähschule. Valentin wurde ins Militär und 1943 in den zweiten Weltkrieg einbezogen und geriet auch in Gefangenschaft. Auch ihm kamen damals wie seinem Vater die Handwerksberufe zugute. Da er auch Ziehharmonika spielen konnte hatte er auch Kameraden, er blieb in Deutschland wo er den Beruf als Fotograf bis zu seiner Rente ausübte.

Sein Bruder Franz war nun als Maler und Fotograf in Sanktanna bekannt bis er und Rosalia nach Russland verschleppt wurden.

Als die Russen ins Dorf kamen, da versteckte Vater Franz ein Koffer mit den Fotosachen im Garten. Nach der Rückkehr von der Deportation hat man den Koffer mit den Fotosachen wieder ausgegraben, die Filme und Fotopapier waren veraltert, deshalb waren zu der Zeit die Bilder nicht so gut. Franz und Rosalia führten die beiden Berufe als Fotograf und Maler weiter, Rosina, hat ihren Geschwistern geholfen.

1955 haben sie sich geeinigt dass Franz den Beruf als Maler weiterführen wird. Rosina begleitete den Beruf als Fotografin in Neu - Sanktanna und Rosalia den Beruf als Fotografin in Alt- Sanktanna. Da es noch keinen elektrischer Strom gab, hat man sich die Petrolux Lampen besorgt, die viel heller waren als Petrolöl Lampen.

In den 60ger Jahren kam der elektrische Strom. In einem Entwicklungsapart wurde das Bild ausgearbeitet, dann kam es ins Wasser. Das nasse Bild wurde auf ein mit Spiritus gereinigtes Glas aufgeklebt, ein Tuch kam darüber und mit dem Nudelwärgel wurde es abgerollt, das Wasser wurde mit einem Lumpen aufgesaugt. Nun wurden die Fotosachen von Bukarest, Arad, Temesvar und Groswardein besorgt. In den 70ger und 80ger Jahre bekam man Material aus der D.D.R. Nun gab es die Filme mit 36 Aufnahmen und 6 mal 9 Bilder. Auch ein „Leica“ Fotoapparat wurde gekauft.

Rosalia kaufte sich ein Fotoapparat “Jashika“ aus Deutschland.

Auch ihr Ehemann Bernhard Kreitler und Kinder; Hans*1949, Bernhard *1953 und Rosa *1956 erlernten diesen Beruf. 1977 wurden auch schon Farbbilder entwickelt.

Dieser Familienbetrieb in der Dobrogeana Gheria Straße 10 wurde bis zur Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1982 geführt.

 

Rosina erster Fotoapparat hieß „Zeiss Ikon“ Sie führte den Fotografenbetrieb mit ihrem Ehemann Andreas Knapp, in der Muncii Strasse 63, bis zu ihrer Rente im Jahre 1991 in Sanktanna weiter.

                                   

   Rosina Knapp und  Rosalia Kreitler

 

Franz führte den Beruf als Maler mit seiner Frau Barbara und einem Lehrling und Geselle Hans Reinholz weiter, später kam noch ein Lehrling Harald Kress dazu. Die Söhne von Franz*1927 erlernten auch diesen Beruf ; Franz*1958 und Walter*1959.

In den Wintermonaten wurden Bilder gemahlt und Muster gemacht. Da hat man große Papierbögen 70 /100 cm, besorgt und verschiedene Blumen oder Tierbilder darauf gemahlt. Da ein Bild verschiedene Farben hatte, wurden mehrere Bögen Papier bemalt, zum Beispiel kamen auf ein Bogen die roten Rosen, auf das zweite die grünen Blätter, auf das dritte braune Stängel, auf das vierte die roten Schattierung auf das fünfte die grüne Schattierung, auf das sechste braune Schattierung und Gold-Farbe. Die Muster wurden mit einem kleinen dafür geeigneten Messer ausgeschnitten und die Bögen wurden mit Ferneis einige Male eingelassen und aufgehängt zum Trocknen. Wenn die Bögen mit den Mustern fest genug waren, konnte man die Muster an die Wand hinhalten und mit einer Bürste die entsprechenden Farben anstreichen. Über den Haustüren stand geschrieben „Grüß Gott“ oder „Willkommen“.

Dann kamen die Spritzmuster in Mode. Da hat man durch eine Pumpe mit Kompressor, die Farben mit einer Spritzpistole an die Wand gesprüht. Es wurden auch viele schattierte Linien (Strefla) mit Hilfe von meterlange Lineals und kleinem Pinsel gezogen.

Als in Ungarn Gummiwalzer auf den Markt kamen, besorgte man sich mehrere Rollen mit verschiedenen Mustern. Die Gummirollen wurden auf einer Vorrichtung befestigt und man konnte die Muster in verschiedene Farben mahlen. Auch die Wohnzimmerdecken wurden bemalt und Stuckarbeiten ausgeführt. Es wurden auch Ölgemälde gemahlt.

Dieser Familienbetrieb wurde in der Capriourei Strasse 144, bis zur Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1983 geführt.

 

 

Walter und  Franz Emeneth

 

Die heilige Schrift lehrt uns dass jeder Mensch von Gott Talente (Begabungen) bekommt. In Mattheos 25.14–30 erzählt uns Jesus ein Gleichnis von den anvertrauten Talenten, das aber die Talente unterschiedlich verteilt wurden. Wer seine Talente nicht nützt und nichts daraus macht, dem wird auch das noch weggenommen was er hat, und dem dazugegeben der aus dem was er bekommen hat etwas daraus macht.

Ich denke die deutsche Bevölkerung in Sanktanna hat das begriffen, denn jeder setzte seine Talente ein um in der Familie das Auskommen zu ermöglichen. Bis nach dem zweiten Weltkrieg versuchte jeder aus dem was er hatte, mehr daraus zu machen und als sie von ihren Feldern enteignet wurden, da setzten sie sofort ihre handwerklichen und geistigen Talente ein. Als junger Mensch lernte man schon in der Familie Haushalt führen und selber herstellen was man zum Leben braucht. Mit diesen Talenten haben es die Sanktannaer geschafft sich in der deutschen Heimat auf neue Herausforderungen einzulassen.

Vieles aus unserem Wissen mit dem Malen und Fotografieren ist schon überholt, doch Gott sei Dank, dürfen wir auch die anderen Fähigkeiten in uns entdecken und nutzen.