Heimattag in Landshausen

 

unter der Schirmherrschaft der Stadt Kraichtal

 

Bürgermeister Ulrich Hintermayer

 

 

Landshausen (Kraichtal) (früher hieß es Landshus)

 

Landshausen, ab 864 als Huserard, Husen erwähnt, 1100 als Nantheshusen, 1486 als Lantzhusen, gehörte Mitte des 18. Jahrhunderts und bis 1803 zum Ritterstift Odenheim in Bruchsal. Dann kam es zum neugeschaffenen Großherzogtum Baden.

 

In Landshausen steht noch eine Kirche von 1750, eine Kapelle von 1715, ein Kreuz vor der Schmiede von 1737 mit der Inschrift: „Er hat sich selbst für uns gegeben, zu einem Fried- und Versöhnungsopfer“. Vor dem Ortseingang (von Menzingen her) steht ein Kreuz von 1722 mit der Inschrift: „O Jesu durch dein Tod und Blut bewahre uns vor der Höllenglut“.

(Literatur: Rapp, 1950)

 

Mitte des 18. Jahrhunderts wanderten folgende Familien aus Landshausen nach Sanktanna aus: Seiler, Mayer, Damminger, Depold.

 

Trachtengruppe in der Kirche

 

Sanktanna – Kraichgau – Treffen 2009

 

Mitte Oktober ist der feste Termin mittlerweile für das Sanktanna – Kraichgau – Kulturtreffen. Aus diesem Gebiet sind viele unserer Vorfahren ausgewandert, aber interessanterweise auch viele wieder zurückgekehrt. Den wenigsten weder aus Sanktanna noch aus dem Kraichgau ist oder war das bis vor fünf Jahren bekannt, stellt aber einen wunderbaren Kreis der Geschichte dar, der sich hiermit schließt. Diesen Teil unserer gemeinsamen Geschichte, unserer gemeinsamen Wurzeln näher zu beleuchten, diente als Anlass vor fünf Jahren dieses Kulturtreffen ins Leben zu rufen. Somit findet dieses Kulturtreffen jedes Jahr in einem anderen Ort im Kraichgau statt mit speziellem Fokus auf Traditionen und Brauchtümer sei es Sprache, Trachten, Liedgut oder Ahnenforschung der Region im Vergleich zu denen in Sanktanna.

Das 5. Kulturtreffen der Heimatortsgemeinschaft Sanktanna und dem Heimatverein Kraichgau fand am 17. Oktober 2009 in Landshausen, einer der 9 Gemeinden der Stadt Kraichtal, statt.

Aus der Ortschronik Landshausen aus dem Jahre 1950 ist zu entnehmen:

„Zu allen Zeiten haben Bewohner des Ortes Landshausen ihre Heimat verlassen, um irgendwo in der Fremde ihr Glück zu suchen“.

„Wir wissen von vielen Auswanderern nichts mehr, die in der Welt untergetaucht sind; sie sind verschollen“.

„Groß vielleicht die Zahl auch derer, die mangels einer wirtschaftlicher Existenzgrundlage der Heimat schweren Herzens den Rücken kehren mussten“.

„In der fernen Erde, die für sie eine zweite Heimat geworden ist, liegen sie begraben. Wir wissen nichts mehr von ihrem Leben und Treiben“. (Bernhart Rapp, Ortschronik Landshausen, 1950, S.59)

Das wäre schon einmal Grund genug wenigstens ein bisschen Licht in das Dunkel zu bringen und womöglich einen kleinen Beitrag zu der Geschichtsvervollständigung des Kraichgaus beizutragen, aber auch den Menschen aus diesen Regionen einen Teil ihrer Wurzeln zu zeigen.

Landshausen, der kleine Ort  inmitten des Kraichgauer Hügellandes, eingebettet in eine liebliche Landschaft begrüßte Sanktanna in der Mehrzweckhalle. Der Fußballverein Landshausen „Viktoria“, einer der zahlreichen Vereine der Region organisierte die Bewirtung im Sinne eines „Schlachtfestes“ bei dem frische Schlachtwaren, wie Schlachtplatte, Schälrippchen oder Bratwurst mit Sauerkraut angeboten wurden um nur einiges zu nennen, herzhafte Speisen, die auch von einem Sanktannaer „Schlachtfest“ den Gästen bekannt sind.

Die diesjährige Veranstaltung stand unter dem Motto „Bauernleben von einst im Kraichgau“.

Jeder war aufgefordert in traditioneller Bauernkleidung zu erscheinen und im Rundgang durch Landshausen sollten Architektur und Bauweisen aus vergangenen Zeiten sowie bäuerliche Arbeiten auf dem Hof wie Hanfbrechen, Spinnen auf dem Spinnrad, Seil drehen, Dreschen u. a. näher erläutert bzw. demonstriert werden. Im Saal konnten viele dieser alten Geräte und Werkzeuge bewundert werden. Alle sind mühsam gesammelt und liebevoll aufbewahrt von Barbara Novak.

Der Aufforderung, in Bauerntracht zu erscheinen, haben viele Folge geleistet sowohl aus dem Kraichgau wie auch aus Sanktanna. Sicherlich gab es die Tage davor alle Hände voll zu tun um diese Trachten zu bügeln und zu richten.

Aus den Kraichtaler Heimatvereinen, dem Pomazer Heimatverein (Maria & Anna Christine Hardl), dem  Oberderdingen Flehingen  (Eva Maria & Cornelia Springer) und dem Heimatkreis Unteröwisheim (Diana Glück-Gräsel) wurden Trachten präsentiert. Die beiden Trachtenträgerinnen aus dem Pomazer Heimatverein trugen die original im Vertreibungsgepäck mitgebrachte Festtagstracht ihrer Ur-Urgroßmütter aus Pomáz bei Budapest. So oder so ähnlich kleideten sich die jungen ungarndeutschen Frauen im Ofner-Bergland um die Jahre 1915.

Der Oberderdingen Flehingen Heimatverein war mit einem Brautkleid von Anna Sofie Mehrwart aus dem Jahre 1898 vertreten.

Aus dem Kreise unserer Landsleute aus Sanktanna präsentierten stolz 9 Paare (Wilhelmine & Gerhard Fuß mit dem Ortschild Santanna, Mari & Johann Reinholz, Katharina & Josef Reinholz, Pauline Huschitt & Josef Lutz, Anna & Martin Hellstern, Rosa & Martin Hermann, Resi Mackert & Franz Emeneth, Hilde & Valentin Seifer, Annemarie & Michael Frahler) die Sanktannaer/Banater Bauerntrachten, die früher hauptsächlich als Kirchgangs- der Sonntagskleidung genutzt wurden und in Sanktanna noch bis ca. 1960, später nur noch von den Älteren, getragen wurden.

 

Auffallend bei allen Trachten, egal ob aus dem Kraichgau oder aus Sanktanna, alle waren recht dunkel gehalten. Die aus dem Kraichgau waren etwas geradliniger, sie trugen keine Unterröcke, wobei unsere aus Sanktanna die Kombination aus den typischen gerafften Röcken und passend dazu das tailliert eng anliegende Oberteil (Pâtschur) mit den Puffärmeln ausmacht. Die Stoffe waren meist edel aussehend, seidenähnlich. Die Sonntagkleidung der Herren dagegen war eher schlicht und bestand aus einer dunklen Hose, eine Art Reiterhose, und in der Regel Stiefel, dazu ein weißes oder helles Hemd und eine dazu passende Weste (Leiwel).

Trachtengruppe

Es folgte eine herzlichen Begrüßung von Barbara Novak, Organisatorin und Vorsitzende der HOG Sanktanna/Kraichgau.

Nacher ging der Zug geschlossen in die katholische Kirche von Landshausen zu einer feierlichen Andacht, geleitet von Wortgottesdienstleiterin Angela Panni und musikalisch unterstützt von Traudel Röcker mit Gesang und Alois Bergold an der Orgel wie auch von den Kraichtaler Blas-Musikanten. Alle stimmten mit ein als die Lieder „Großer Gott wir loben dich“ und „Ich bete an die Macht der Liebe“ erklangen.

Aufgrund des strömenden Regens gab es einige Programmänderungen vor Ort, was aber der Veranstaltung keinen  Abbruch getan hat.

 

Oberbürgermeister Ulrich Hintermayer

 

Zurück im Saal folgten die Grußworte von Bürgermeister Ulrich Hintermayer, Josef Lutz, Vorsitzender der HOG Sanktanna und Bernd Röcker, Vorsitzender des Heimatvereins Kraichgau.

Selten hat man eine ruhigere und interessiertere Aufmerksamkeit im Saal erlebt, als Bürgermeister Ulrich Hintermayer das Kraichtal, speziell Landshausen und die Besonderheiten der Stadt Kraichtal den ca. 190 Anwesenden vorstellte.

 

Josef Lutz, Vorsitzender der Heimatortsgemeinschaft (HOG)  Sanktanna hat in seinen Grußworten den Grundgedanken dieser Kulturtage deutlich gemacht. „Tradition kann man nicht kaufen – sie wird gelebt und man solle diese auch so hinnehmen, wie sie Jahr für Jahr Änderungen erfährt. Viele Personen aus Sanktanna und Landshausen haben eins gemeinsam, ihre Wurzeln im Kraichgau. Jene Landshausener, die vor über 250 Jahren in den Osten gezogen sind, haben Osteuropa fruchtbar gemacht, eine Kultur geschaffen und sind teilweise wieder in ihre alte Heimat zurückgekehrt.“

 

Das kann anhand der Namen Daminger, Mayer, Bergdold, Depold, Wild und Seiler belegt werden. Die heutigen Daminger, Mayer, Bergdold, Depold, Wild und Seiler aus Landshausen und Sanktanna haben gemeinsame Urahnen. Das war nicht einfach zu belegen, aber sie können stolz auf sie sein, denn auch schwere Zeiten prägen den Menschen und im christlichen Glauben haben sie immer die wahren Werte in den Vordergrund gestellt, so die Worte des Ahnenforschers Alf Kührt.

Im anschließenden Rundgang erläuterte Bernd Röcker die Architektur der Fachwerkhäuser von Landshausen und der Region im Kraichgau und erwähnte nebenbei den Dorfbrand von Landshausen, dem wohl viele dieser Häuser zum Opfer fielen. So manch einem mag die Parallele zu dem Dorfbrand in Sanktanna ins Gedächtnis gerufen worden sein.

 

Bei diesem Rundgang wurde als erstes im Hof der Fam. Berg Halt gemacht, wo bäuerliche Arbeiten und Werkzeuge im Einsatz wie Hanfbrechen, Seil drehen oder Dreschen vorgeführt wurden. Diese Arbeiten sind den Älteren unter den Gästen aus dem Alltag von früher sehr wohl bekannt, aber der jüngeren Generation doch nur aus Erzählungen. Daher war das eine gelungene Demonstration um die mühsamen und schweißtreibenden Arbeiten der Bauern von damals zu verdeutlichen.

Fachwerkhaus

 

Dreschen mit Dreschflegel

 

Seil drehen

Als Höhepunkt dieses Rundgangs war das Niederlegen eines Rosmarins in Heimaterde aus Sanktanna zum Gedenken an unsere Ahnen an einem der Wegkreuze in Landshausen. Die wichtige Rolle des Rosmarins in allen Lebenslagen in Sanktanna wurde durch einen ergreifenden Spruch von Hilde Seifer und Resi Mackert zum Ausdruck gebracht.

 

Ein Besuch in der Schnappsbrennerei (Armin Dutzi) stand zum Abschluss des Rundgangs noch auf dem Programm, zu dem niemand nein gesagt hat. Alle konnten aus Erfahrung mitreden und viele haben interessiert nachgefragt und die Handhabung dieses Verfahrens heutzutage hinterfragt. Natürlich gab es auch die Produkte der Brennerei zum probieren, was bei dem doch nasskalten Wetter eine Wohltat war und etwas wärmte.

Teresia Mackert, Barbara Novak und Hilde Seifer stellten ein Rossmarin an einem Wegkreuz ab,

und erinnerten daran dass der Rossmarin ein Zeichen der Treue zur Heimat darstellt.

 

Kraichtaler Blasmusikanten

 

Diejenigen, die im Saal zurückgeblieben waren, wurden in der Zwischenzeit mit Blasmusik der Kraichtaler Blas-Musikanten, der Seniorengruppe des Musikvereins Münzesheim, verwöhnt, die den ganzen Nachmittag über für Stimmung sorgten.

Den ganzen Tag über war eine Bilderausstellung aus früheren Veranstaltungen zu bewundern:

"Der Kraichgau grüßt Sanktanna" gestaltet von Barbara Nowak aus Oberderdingen, "Die Jugend lässt grüßen" gestaltet von Melanie Zimmermann aus Eppingen, eine Tafel mit imposanten Gebäuden vom Jahre 1992 in Sanktanna und "25 Jahre HOG Sanktanna" von verschiedenen Veranstaltungen.

 

Barbara Novak und Stefan Hell sen.

 

Am Abend übernahmen Anton Bleiziffer (Ånaketz aus Sanktanna) am Akkordeon und Martin Berg (aus Landshausen) an einem eigens gefertigtem Kochtopf Schlagzeug als überzeugendes Duo. Abwechselnd spielten sie zum Tanz oder begleiteten musikalisch die Gesangseinlagen vieler bekannter Volkslieder. Das begeisterte und animierte alle Anwesenden so sehr zum mitsingen, dass es Schluss endlich schwer fiel ein Ende zu finden.

Aber auch wenn dieser schöne und erfüllte Tag mit vielseitigem Programm zu Ende war, wird es mit Sicherheit ein weiteres Kulturtreffen 2010 im Kraichgau geben, dem sicherlich viele wieder beiwohnen werden. Viele haben schon angekündigt wieder zu kommen und vielleicht fühlt sich auch der ein oder andere angesprochen. Die Resonanz auf das diesjährige Treffen war wieder enorm gut, schon am selben Abend wie auch Tage danach per E-Mail kamen Danksagungen an Barbara Novak für die Organisation und auch schon Zusagen für das kommende Treffen. Spannend dabei bleibt, wo das sein wird und welche neuen Erkenntnisse über unsere gemeinsame Geschichte dabei wieder gewonnen werden können.

 

Dr. Anna Henger                                                               

Binningen/Schweiz, Oktober  2009

 

Martin Berg und Anton Bleiziffer